Wir tragen sie mit uns. Es kommen neue dazu, dabei rücken ältere in den Hintergrund. Doch ganz vergessen können wir manche Geschichten nie. Sie begleiten uns ein Leben lang. Sie begleiten unsere Geschwister, Familien und Freund*innen. Wir erzählen sie immer wieder, sie werden oft nicht verstanden. Doch wenn wir auf jemanden stossen, der*/die* zuhört – und vielleicht auch ähnliche Erfahrungen mit uns teilen kann, fühlen wir uns etwas weniger allein. Uns wird bewusst, dass die Geschichten, die wir erleben, wirklich real sind. Es liegt nicht daran, dass wir in einer Situation überempfindlich reagiert oder gar übertrieben haben. Es liegt nicht an uns. Vielmehr geht es um den Umgang mit Rassismus und Diskriminierung in unserer postmigrantischen Gesellschaft. Denn unsere Geschichten machen darauf aufmerksam, dass rassistische Diskriminierungen alltäglich sind.
Unsere Erfahrungen sind schmerzhaft und intim. Manchmal sind sie komplett verschieden, manchmal auch sehr ähnlich. Doch sind sie vor allem eines: nachhaltig prägend. Sie führen dazu, dass man sich – nach einer langen Reise in der Schweiz angekommen – nicht wie zuhause fühlt. Sie lassen uns Scham für unsere eigene Lebensgeschichte empfinden, sodass wir sie allmählich etwas anders erzählen, was uns wiederum beschämt. Rassistische und diskriminierende Erfahrungen sind kränkend. Sie lassen uns Freizeitbeschäftigungen aufgeben, weil man die vielen auf Vorurteilen beruhenden Aussagen der Kolleg*innen in der Theatergruppe nicht mehr aushält oder weil man beim Skifahren immer an die rassistischen Äusserungen seiner Mitschüler*innen zurückdenken muss.
Leider fehlt oft der Raum, um über solche Erfahrungen zu sprechen. Obwohl sie tagtäglich erlebt werden, sind sie immer noch tabuisiert. Gerade in Schulen werden Migrationsgeschichten und Rassismuserfahrungen nicht ausreichend thematisiert. Vielleicht hat man Glück und hat eine Lehrperson, die klar Stellung bezieht und sagt, dass diskriminierende Äusserungen aller Art nicht geduldet werden. Vielleich hat man Pech und der*die eigene Lehrer*in rät einem davon ab, ans Gymnasium zu gehen. Dies nicht aufgrund von Noten, sondern wegen der eigenen Biografie. Die Lehrperson vermutet nämlich, dass die Eltern aufgrund ihres Migrationshintergrundes nicht genug Unterstützung bieten können. An wen wendet man sich in so einem Fall? Es gibt keine Vertrauensbasis; die Angst nicht verstanden zu werden, ist gross.
Wenn man sich dann doch gegen die Empfehlungen der Lehrer*innen durchgesetzt hat und ans Gymnasium geht oder sich für eine andere als eine der vorgeschlagenen Lehrstellen entscheidet, verspürt man einen kleinen Triumph. Eine Stimme im Kopf flüstert: «Ich habe es ihnen gezeigt». Doch dieses Gefühl der Errungenschaft wird einem spätestens dann wieder genommen, wenn man den Satz hört: «Du bist auch nicht so wie die anderen». Dabei sind wir doch alle so wie «die anderen». Und wer sind «die anderen» überhaupt?
Eine Mitschrift des Erzähl-Cafés von Amina Mvidie, das am 6. Januar 2021 über Zoom stattgefunden hat. Bei dem Treffen haben sich junge Erwachsene über ihre Erfahrungen in der Schulzeit ausgetauscht.
Wir tragen sie mit uns. Es kommen neue dazu, dabei rücken ältere in den Hintergrund. Doch ganz vergessen können wir manche Geschichten nie. Sie begleiten uns ein Leben lang. Sie begleiten unsere Geschwister, Familien und Freund*innen. Wir erzählen sie immer wieder, sie werden oft nicht verstanden. Doch wenn wir auf jemanden stossen, der*/die* zuhört – und vielleicht auch ähnliche Erfahrungen mit uns teilen kann, fühlen wir uns etwas weniger allein. Uns wird bewusst, dass die Geschichten, die wir erleben, wirklich real sind. Es liegt nicht daran, dass wir in einer Situation überempfindlich reagiert oder gar übertrieben haben. Es liegt nicht an uns. Vielmehr geht es um den Umgang mit Rassismus und Diskriminierung in unserer postmigrantischen Gesellschaft. Denn unsere Geschichten machen darauf aufmerksam, dass rassistische Diskriminierungen alltäglich sind.
Unsere Erfahrungen sind schmerzhaft und intim. Manchmal sind sie komplett verschieden, manchmal auch sehr ähnlich. Doch sind sie vor allem eines: nachhaltig prägend. Sie führen dazu, dass man sich – nach einer langen Reise in der Schweiz angekommen – nicht wie zuhause fühlt. Sie lassen uns Scham für unsere eigene Lebensgeschichte empfinden, sodass wir sie allmählich etwas anders erzählen, was uns wiederum beschämt. Rassistische und diskriminierende Erfahrungen sind kränkend. Sie lassen uns Freizeitbeschäftigungen aufgeben, weil man die vielen auf Vorurteilen beruhenden Aussagen der Kolleg*innen in der Theatergruppe nicht mehr aushält oder weil man beim Skifahren immer an die rassistischen Äusserungen seiner Mitschüler*innen zurückdenken muss.
Leider fehlt oft der Raum, um über solche Erfahrungen zu sprechen. Obwohl sie tagtäglich erlebt werden, sind sie immer noch tabuisiert. Gerade in Schulen werden Migrationsgeschichten und Rassismuserfahrungen nicht ausreichend thematisiert. Vielleicht hat man Glück und hat eine Lehrperson, die klar Stellung bezieht und sagt, dass diskriminierende Äusserungen aller Art nicht geduldet werden. Vielleich hat man Pech und der*die eigene Lehrer*in rät einem davon ab, ans Gymnasium zu gehen. Dies nicht aufgrund von Noten, sondern wegen der eigenen Biografie. Die Lehrperson vermutet nämlich, dass die Eltern aufgrund ihres Migrationshintergrundes nicht genug Unterstützung bieten können. An wen wendet man sich in so einem Fall? Es gibt keine Vertrauensbasis; die Angst nicht verstanden zu werden, ist gross.
Wenn man sich dann doch gegen die Empfehlungen der Lehrer*innen durchgesetzt hat und ans Gymnasium geht oder sich für eine andere als eine der vorgeschlagenen Lehrstellen entscheidet, verspürt man einen kleinen Triumph. Eine Stimme im Kopf flüstert: «Ich habe es ihnen gezeigt». Doch dieses Gefühl der Errungenschaft wird einem spätestens dann wieder genommen, wenn man den Satz hört: «Du bist auch nicht so wie die anderen». Dabei sind wir doch alle so wie «die anderen». Und wer sind «die anderen» überhaupt?
Eine Mitschrift des Erzähl-Cafés von Amina Mvidie, das am 6. Januar 2021 über Zoom stattgefunden hat. Bei dem Treffen haben sich junge Erwachsene über ihre Erfahrungen in der Schulzeit ausgetauscht.